Weinbau im Norden IV – Schleswig-Holstein

Seit 2009 darf auch in Schleswig-Holstein Wein angebaut werden. Dazu musste vorher ein anderes deutsches Weinbaugebiet Flächen an das Land abtreten: Zehn Hektar spendierte Rheinland-Pfalz, und so dürfen nun Reben in Nordfriesland und an der Ostküste wachsen. Mehr wird es nach dem EU-Recht auch nicht geben, bevor die Eurogesetze geändert werden. Geregelt wird die Weinherstellung in Schleswig-Holsetin durch die – ACHTUNG: Landesverordnung zur Durchführung weinrechtlicher Vorschriften verkündet als Artikel 1 der Landesverordnung zur Durchführung weinrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Lebensmittel- und Futtermittelzuständigkeitsverordnung vom 14. Mai 2009 (GVOBl. S. 229) Danach dürfen auf jedem Hektar 90 Liter Ertrag geerntet werden, macht zusammen 900 Liter Landwein, mehr ist nicht drin. Es sei denn, der schleswig-holsteinische Hobbygärtner nutzt die Toleranz des Landes: 99 Reben werden vom Land als Eigenbedarf des Kleingärtners toleriert, so besagt jedenfalls die Homepage des Landes, gelesen am 7. August 2012.
Für den Anbau in Alversum und Nieblum auf Föhr sowie auf Sylt, in Westensee, Malkwitz, Grebin und Langwedel sind acht Sorten Weißwein und fünf rote zugelassen: Helios, Johanniter, Merzling, Müller-Thurgau (Rivaner), Ortega, Phoenix und Solaris als weiße Rebsorten und Cabernet Cortis, Reberger, Regent und Rondo als rote. Wer also etwas anderes anbauen und probieren möchte als die friesischen oder holsteinischen Profis unter den Weinbauern, kann sich reichlich bei den schwedischen Erfahrungen bedienen und seine Reben in der Schweiz einkaufen.

Weinbau im Norden III – Rebsorten Teil 2

Wir hatten bereits im ersten Artikel Regent, Rondo, Siramé und den Frühburgunder dargestellt, die auch im kühlen Norden gedeihen. Drei weitere Rote kommen für den Anbau im hiesigen Kohlanbaugebiet in Frage. Wir beginnen mit dem Leon Millot, der Name sagt’s, eine französische Züchtung. 1911 züchtete Eugène Kulhmann diese Sorte, die als besonders resistenz gegen die Pilzerkrankungen gilt. In Deutschland ist sie erst seit 2008 zugelassen, nachdem sie seit 1930 nur im Versuchsanbau geduldet war.

Recht jung ist die typisch deutsche Sorte Acolon, die 1971 in Weinsberg von Bernd Hill aus dem Dornfelder und Lemberger gezüchtet wurde. Acolon wird bei uns in den Lagen von Schwarzriesling und Spätburgunder angebaut, also hauptsächlin in Württemberg und in der Pfalz. Dort reift der Wein früh, was wiederum bedeutet, dass wir ihn auch in unseren nördlichen Zonen reif ernten können. Er zeigt eine hohe Blühfestigkeit und die Traube ist lockerbeerig, ein schönes Wort nicht wahr: lockerbeerig!

Cabernet Dorsa aus

Cabernet Dorsa Urheber: Rosenzweig

Und dann ein Cabernet, den es auch bei Lidl gibt, aber das muss ja nichts heißen: Cabernet Dorsa, der wohl eigentlich Cabernet Dornfelder heißen müsste. Er stammt ebenfalls aus dem Hause der Staatlichen Versuchs- und Lehranstalt in Weinsberg, ebenfalls 1971. Cab. Dorsa wurde aus Mutter Dornfelder und Vater Cabernet Sauvignon gewonnen. Wir an der Westküste sind wohl nicht so sehr auf seinen Vorteil gegenüber seinen Eltern angewiesen, nämlich der Frostresistenz. EEr hat sich noch nicht so sehr in Deutschland durchgesetzt, nur die Pfälzer und die Rheinhessen sind ein wenig experimentierfreudig.

In Schleswig-Holstein sind für den gewerblichen Anbau neben Regent und Rondo auch Reberger und Cabernet Cortis zugelassen. Der Reberger ist eine deutsche Kreuzung aus Regent und Lemberger mit deutlich geringerem Ertrag und höherem Mostgewicht. Der Cabernet Cortis stammt vom Cabernet und vom Solaris ab, eine Kreuzung, aus der die Weinlyriker sehr viel Johannisbeerenliköraroma ziehen möchten.

Weinbau im Norden II – Rebsorten Teil 1

Es wissen inzwischen alle: Nicht nur an den Elbhängen über dem Hamburger Hafen, sondern sogar in Schweden wird Wein angebaut. Genauer gesagt: auf Oeland und Gotland. Für uns ist nun daran spannend, welche Rebsorten sich bei den Skandinaviern bewährt haben. Es verlangt ja nicht nur die kurze Saison, der Wein möge schnell wachsen und früh reifen, sondern das unbeständige Wetter erfordert Sorten, die gut gegen Mehltau und andere Parasiten schützt. Genau diese Bedingungen sind bei uns ähnlich, hinzu käme viellecht, dass es auch in der Erntezeit bei uns an der Nordsee etwas windiger sein könnte als am nordeuropäischen Binnenmeer.

Link zum schwedischen Weingut auf ÖlandDie einzige prominente Sorte, die der schwedische Winzer auf Öland empfiehlt, ist der Regent. Allerdings besagen die Handbücher für Rebsorten, dass der Regent bei Wind leicht einmal verrieselt, das heißt: Die Rebe wirft die Blüten ab. Und gerade bis zum Ende der Schafskälte im Juni gibt unsere Witterung auch viel Wind her. Doch was sagt der Dichter? Probieren geht über studieren.
Es stehen weitere dunkle Beeren zur Auswahl, sie sind nur bei uns nicht so bekannt. Rondo ist eine Hybride, die schon 1964 entwickelt wurde. Seit 1997 ist sie als Sorte zugelassen. Rondo erfordert eine gute Lage, hat geringe Ansprüche an den Boden und ist gut frost- und mehltauresistent.
Wenn es einen Spätburgunder gibt, dann? Genau: der Frühburgunder. Und der trägt seinen Namen, weil er tatsächlich zwei Wochen früher reift als sein Namensvetter. Im Süden hat das zur Folge, dass er nicht mehr von der Grauschimmelfäule erwischt werden kann. Der Frühburgunder wünscht sich leicht erwärmbare Böden, drum blüht er auch früher. Es gibt ihn in zwei Varianten, die Geisenheim-Klone sind ertragreicher und bilden weniger Zucker, die Wasem-Klone sind süßer, sind aber auch empfindlicher und bringen weniger Ertrag.
Lob erhält auch die Sorte Siramé der Schweizer Weinschule Meier, die ihre eigene Entwicklung aus dem Jahr 1970 auch als rankende Rebe für Haus und Garten empfiehlt. Im gewerblichen Anbau wird sie für hohe Lagen empfohlen. Regent und Rondo kennen wir schon aus dem größten kandinavischen Anbaugebieten, nämlich Jylland und Fyn. In der nächsten Folge wird dann auch der Léon Millot vorgestellt.

Rivaner oder Müller-Thurgau?

(c) Michael.O pixelio.de

(c) Michael.O pixelio.de

Sprache ist manchmal wichtig. Deshalb überlegt sich die Werbewirtschaft gerne wirkungsvolle Namen. So hatten viele Leute bei dem Namen „Müller-Thurgau“ nur wenig positive Gedanken. Trotzdem ist der Müller-Thurgau eine der erfolgreichsten Neuzüchtungen Anfang des 20. Jahrhunderts. Hermann Müller aus dem Thurgau züchtete die Sorte an der Forschungsantsalt Geisenheim im Rheingau.
Der Wein hat viele Vorteile für die Winzer und für die Weinliebhaber. Die Pflanze stellt nur geringe Ansprüche und ist ertragreich. Und wer als Weintrinker die Säure nicht so gut verträgt, wird beim Müller-Thurgau „seinen“ Lieblingswein finden. Man kann ihn übrigens auch perfekt für eine erfrischende Weinschorle verwenden.

(c) Volker Zintgraf  pixelio.de

(c) Volker Zintgraf pixelio.de

Nur die Sprache! Müller-Thurgau klingt einfach nicht schick genug. Deshalb verwenden die Winzergenossenschaften neuerdings gerne das Wort „Rivaner“, das aus Riesling und Silvaner gebildet ist. Als dieser Name konstruiert wurde, dachte man noch, dass der Müller-Thurgau eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner sei. Warum der Riesling nur eine halbe Silbe und der Silvaner gleich zwei ganze Silben abbekommen hat, als der neue Name entstand? Nun wie würde denn „Silling“ oder „Silvaling“ klingen? Oder hätte man „Riesaner“ sagen sollen? Die Wortschöpfung geht also genau so gut über die Lippen wie der Rivaner selbst.

Das Wort ‚Rivaner‘ sei schon in den 60er Jahren in Südosteuropa gebräuchlich gewesen, erläuterte uns Professor Dieter Hoffmann, der an der Weinfachhochschule in Geisenheim das Fach Weinökonomie verantwortet. In Deutschland sei dann der Begriff Rivaner an die Stelle des Namens Müller-Thurgau getreten, um die guten Weine dieser Rebsorte von den minderwertigen abzugrenzen. Sofern sich also alle WInzer daran halten nur die guten Müller-Thurgau-Weine als ‚Rivaner‘ zu bezeichnen, dann hätte die Namensgebung einen Sinn.

Heute müsste man denn Rivaner dann eigentlich wieder zurück benennen oder ihm einen neuen Namen geben . Denn was Hermann Müller da gekreuzt hatte, das wusste nicht einmal er selber so genau. Vor ein paar Jahren hat man mit Genanalysen herausbekommen, dass er für den Müller Thurgau Riesling und Madeleine royale gekreuzt hat – mit der königliche Magdalene als Vater. Zuerst dachte man, diese Rebe sei aus dem Gutedel hervorgegangen, das stimmt aber auch nicht. Denn 2009 hat man Madeleine royale als eine Kreuzung aus Pinot und Trollinger entlarvt. Vielleicht sollte man den Müller-Thurgau heute also lieber Pieninger Troll nennen. Letztlich ist das auch egal, angeblich sprechen die Japaner den Riesling ‚Lisulingu‘ aus.

Weinbau im Norden: Qualitätsweine aus Dänemark

Manche wird es überraschen: In Skandinavien wird Wein angebaut. Und ncht nur das, in Dänemark gibt es sogar prämierte Qualitätsweine. Und seit 2001, als der gewerbliche Weinbau in Jylland begann, stieg die Zahl der Weinbauern auf über 50.

Die Ästhetik der Flaschen mit dänischem Wein unterscheidet sich deutlich von Winzern traditioneller Anbaugebiete.

Da ist es doch für ein Dithmarscher Weinkontor interessant nachzuhaken, welche Rebsorten dort verarbeitet werden. Das älteste Weingut Dänemarks, Skærsøgaard Vin in Dons in der Nähe von Kolding, produziert seit 2001 rote, weiße, prickelnde, süße Weine und Rosé. Den Rotwein stellen die Donser aus den Sorten Rondo, Regent und Leon Millot zusammen. Die Rondo allein wird zu Roséwein vergoren. Besonders vielfältig sind die Sekte aus Mitteljylland. Es gibt trockene rote aus den Trauben von Leon Millot, halbtrockene rote aus Regent und weiße Mischungen, pardon will sagen Cuvées aus den weißen Beeren dr Sorten Orion, Solaris und Madeleine Sylvaner, und den gibt’s dann auch als pink mit ein bisschen Rondo drin.

Sobald der jeweilige Jahrgang auf den Markt gebracht wird, sollte man zugreifen, denn recht fix tippt Skærsøgaards Webmaster „udsolgt“ in die Tasten, und dann war’s das für dieses Jahr. Er verkauft sich also gut, der dänische Wein, und das bei recht bemerkenswerten Preisen. Unter 20 Euro oder 150 dänischen Kronen ist die Flasche nicht zu haben, für eine Flasche Sekt muss man schon 400 Kronen bezahlen, das sind gut 50 Euro, wobei man auch in den dänischen Supermärkten Weine schon unter 30 Kronen, also ab etwa drei, vier Euro einkaufen kann.